Rückblick
Wussten Sie, dass es in den Unternehmens-Vorständen mehr Menschen gibt mit dem Namen «Thomas» als Frauen? Das Geschlechtsmerkmal ist eine sehr bekannte Dimension, aber nicht die einzige, wenn es um Diversität geht. Daneben werden noch Alter, kultureller Hintergrund, Menschen mit und ohne Beeinträchtigung, sexuelle Orientierung und Religion als Dimensionen erachtet, denen ein hohes Diskriminierungspotenzial zugesprochen wird. Mit dieser Systematisierung startet Dr. Gabriela Schambach, Projektleiterin, Organisationsberaterin und Führungskräftetrainerin an der Universität St. Gallen. Die Vorteile der Vielfalt liegen auf der Hand: Gemischte Teams finden in der Regel bessere und nachhaltigere Lösungen, brauchen dafür aber länger. Gleichstellung ist auch wirtschaftlich vorteilhaft – Diskriminierung macht krank und erhöht die Fluktuation. Gemischte Teams sind allerdings nicht automatisch «gut», sie sind anstrengender, aufwändiger, passen auch nicht immer. Wie man die Vielfalt fördern kann, zeigt die Referentin anschaulich am Beispiel Stellenausschreibung: Wie kann man durch die Wortwahl gezielt auch weibliche Interessenten ansprechen.
«Wir sehen die Welt nicht wie sie ist, sondern wie wir sind»! Der Bogen des Themas öffnet sich, Denkanstösse zu den Chancen von Diversity & Inclusion gibt Judith Renevey, Leiterin Diversity & Inclusion bei der SBB AG. Offen zu sein für die Vielfalt allein reicht nicht. Inclusion Management ist ein Verhalten, das jeden Tag am Arbeitsplatz genutzt und eingesetzt werden muss, auch im Risikomanagement. Denn bei Diversität geht es nicht nur darum, anders zu sehen, sondern auch mehr zu sehen. Und je unterschiedlicher die «Brille» des Betrachters ist, desto robuster das Gesamtbild. Aber auch das allein reicht nicht: Damit sich Vielfalt entfalten kann, brauchen die Beteiligten das Gefühl der psychologischen Sicherheit – die Gewissheit, kritische Stimmen einbringen zu können, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Die Referentin gibt ausserdem jede Menge Tipps, wie man Diversität für bessere Entscheidungen nutzen, die eigenen Denkmuster kurzzeitig durchbrechen und sein Verhalten und Umfeld (selbst)kritisch hinterfragen kann.
Diversität ist sowohl wertvoll als auch anstrengend, aber was ist nun der richtige Mix?
Dr. Robert Keller, Senior Director Global Regulatory Affairs bei der DKSH International AG, teilt seine Erfahrung aus Sicht eines internationalen Unternehmens. Als Leiter eines Teams von 90 Experten in 24 Ländern stellt sich für ihn weniger die Frage, wie man Diversität schafft, sondern wie man mit ihr umgeht. Für ihn stehen der Mix an Kompetenzen und Talent im Zentrum, nicht die Diversitätsdimensionen. Um sich im Team zu verstehen und zu vertrauen, braucht es Fach-, Kultur-, Kommunikations- und Sozialkompetenz. Der Referent hat eine klare Vorstellung, was man beim Umgang mit Diversität vermeiden sollte: Eindimensionale Eingriffe (z. B. Quoten für ein Merkmal festlegen), künstliche Ziele ohne Berücksichtigung der Realität, unrealistische Vorgaben (z. B. unnötigen Zeitdruck aufbauen) und dogmatische Strategien. Stattdessen: pragmatisch sein, geduldig und konsequent, beste Talente rekrutieren und Vielfalt fördern.
In der abschliessenden Diskussion, moderiert von Prof. Dr. Jens Meissner, ging es um Fragen wie z. B. des «richtigen» Ansatzes, bottom-up oder top-down? Wie weit darf die ganze Diversitätsdiskussion gehen, im Hinblick auf die wirtschaftlichen Zielsetzungen eines Unternehmens? Diversitätsmanagement – was darf das kosten? Fördern fehlende Ressourcen am Arbeitsmarkt nicht ohnehin Diversität als alternative Lösung? Die Zeit reichte nicht aus, um alle Fragen im Zusammenhang mit Diversität und Risiko Management zu beantworten bzw. zu vertiefen – ein Zeichen, das das Thema noch lange nicht erschöpft ist. Der anschliessende Apéro war die ideale Gelegenheit, den Austausch weiter zu führen.
Die 50. Fachveranstaltung des Netzwerk Risikomanagement fand am 4. November in Basel statt.
Das Detailprogramm finden Sie hier:
Die Folien finden Sie nachfolgend im PDF zum Herunterladen: